Erforderliche Mehrheiten für Gesellschafterbeschlüsse in einer S.L. (Sociedad Limitada): Übersicht der Anwesenheits- und Zustimmungsquoten
- Saskia Porta, LL.M.
- 16. Juni
- 4 Min. Lesezeit
1. Gesellschafterbeschlüsse (Junta General)
Diese müssen meist durch eine ordnungsgemäß einberufene Gesellschafterversammlung gefasst werden. Typische Beschlüsse sind:
a) Gesellschaftsstruktur und Organisation
• Änderung der Satzung (z. B. Name, Sitz, Unternehmensgegenstand, Stammkapital)
(Gesetzesgrundlage: Ley de Sociedades de Capital, insbesondere Art. 199 LSC (Satzungsänderung)):
- Mindestens 50 % des Stammkapitals müssen auf der Versammlung vertreten sein.
- Von diesem vertretenen Kapital sind mindestens 2/3 der Stimmen erforderlich, um eine Satzungsänderung zu beschließen.
- Ist weniger als 50 % vertreten, kann kein gültiger Beschluss gefasst werden.
• Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals
(Gesetzesgrundlage: Art. 199 LSC (da Satzungsänderung))
- Vertretenes Kapital: Mindestens 50 %
- Mehrheit: 2/3 der vertretenen Stimmen
- Bei unter 50 % Präsenz: Beschluss nicht möglich
• Umwandlung, Verschmelzung oder Spaltung der Gesellschaft
(Gesetzesgrundlage: Art. 199 i. V. m. Art. 329 ff. LSC)
- Vertretenes Kapital: Mindestens 50 %
- Mehrheit: 2/3 der vertretenen Stimmen
- Bei unter 50 % Präsenz: Beschluss nicht möglich
• Auflösung oder Liquidation der Gesellschaft
(Gesetzesgrundlage: Art. 199 i. V. m. Art. 363 ff. LSC)
- Vertretenes Kapital: Mindestens 50 %
- Mehrheit: 2/3 der vertretenen Stimmen
- Bei unter 50 % Präsenz: Beschluss nicht möglich
• Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern (Administradores)
(Gesetzesgrundlage: Art. 160 b) LSC)
- Es gibt kein gesetzliches Präsenzquorum
- Einfache Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Stimmen
- Die Satzung kann strengere Regeln vorsehen, z. B. qualifizierte Mehrheiten oder Zustimmung bestimmter Gesellschafter
b) Geschäftspolitik und Finanzen
• Genehmigung des Jahresabschlusses und der Ergebnisverwendung
(Gesetzesgrundlage: Art. 160 a) LSC (Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung), Art. 198 LSC – Allgemeine Mehrheitsregel)
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
(= mehr Ja- als Nein-Stimmen, Stimmenthaltungen zählen nicht)
• Gewinnverwendung (Ausschüttung, Rücklagenbildung)
(Gesetzesgrundlage: Art. 160 a) LSC (Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung), Art. 198 LSC – Allgemeine Mehrheitsregel)
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
• Genehmigung von Transaktionen mit Gesellschaftern oder nahestehenden Personen
(Gesetzesgrundlage: Nicht ausdrücklich geregelt – aber gute Praxis und häufig satzungs-gemäß geregelt, Wird oft unter dem Grundsatz der Interessenkonfliktvermeidung behandelt (Art. 190 LSC))
- Zuständigkeit: Gesellschafterversammlung, sofern nicht operativ von der Geschäftsführung gedeckt
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals (Art. 198 LSC)
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
- Besonderheit: Betroffene Gesellschafter dürfen nicht abstimmen, wenn ein direkter Interessenkonflikt besteht (Art. 190.1 LSC)
• Ermächtigung zur Aufnahme von Darlehen oder Gewährung von Sicherheiten
(Gesetzesgrundlage: Normalerweise Kompetenz der Geschäftsführung, außer die Satzung schreibt eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung vor.)
- Wenn Geschäftsführung zuständig ist: Kein Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich
- Wenn Gesellschafterversammlung zuständig ist:
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
Gilt z. B. bei strukturellen, ungewöhnlich hohen oder gesellschaftsbezogenen Darlehen (z. B. Konzerndarlehen, Darlehen an Gesellschafter)
c) Kontroll- und Sonderbeschlüsse
• Entlastung der Geschäftsführung
(Gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, aber gebräuchliche Praxis, In der Regel im Rahmen der Jahresversammlung über Jahresabschluss und Ergebnisverwendung behandelt)
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
- Entlastung entbindet nicht von zivil-/strafrechtlicher Haftung (Art. 236 ff. LSC)
- Beteiligte Geschäftsführer dürfen nicht mitstimmen, wenn es sich um ihre eigene Entlastung handelt (Art. 190.1 LSC – Interessenkonflikt)
• Bestellung von Rechnungsprüfern
(Gesetzesgrundlage: Art. 160 f) und Art. 265 ff. LSC)
Wenn freiwillig (nicht gesetzlich vorgeschrieben):
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
Wenn gesetzlich vorgeschrieben (z. B. ab bestimmter Umsatz-/Mitarbeitergrenze):
- Bestellung verpflichtend Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
- Erfolgt nicht durch Gesellschafterversammlung, kann das Handelsregister (Registro Mercantil) auf Antrag die Prüfer gerichtlich bestellen (Art. 265.2 LSC)
• Zustimmung zu Anteilsübertragungen (falls laut Satzung erforderlich)
(Gesetzesgrundlage: Art. 107 ff. LSC (Übertragung von Geschäftsanteilen in der S.L.))
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen, sofern die Satzung keine qualifizierte Mehrheit verlangt
- Die Satzung kann bestimmen, dass z. B. ¾-Mehrheit oder Einstimmigkeit erforderlich ist.
- Ohne Zustimmung: Übertragung ist nicht wirksam gegenüber der Gesellschaft
2. Geschäftsführungsbeschlüsse (Administrador único / Consejo de Administración)
Diese betreffen das operative Tagesgeschäft und unterliegen in der Regel nicht der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, sofern keine satzungsmäßigen Einschränkungen bestehen:
• Abschluss von Verträgen im Rahmen des Gesellschaftszwecks
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals (Art. 198 LSC)
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
• Personalentscheidungen
Die Gesellschafterversammlung ist nur zuständig, wenn:
- die Satzung dies bestimmt
- es sich um Einstellungen auf Geschäftsführer-Ebene handelt oder
- eine Entscheidung mit erheblichen finanziellen Folgen für die Gesellschaft verbunden ist
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
• Führung von Verhandlungen, Projektumsetzung
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals (Art. 198 LSC)
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
• Einleitung von rechtlichen Schritten
- Mindestpräsenz: 1/3 des Stammkapitals (Art. 198 LSC)
- Mehrheit: Einfache Mehrheit der vertretenen Stimmen
3. Sonstige mögliche Beschlüsse / Beschlussformen
• Einpersonen-S.L.: Der Alleingesellschafter kann alle Beschlüsse allein fassen, muss diese aber dokumentieren.
• Umlaufbeschlüsse sind unter bestimmten Bedingungen auch schriftlich und ohne Sitzung möglich.
• Beschlüsse müssen meist im Gesellschafterbuch und/oder im Protokollbuch festgehalten werden.
Form und Gültigkeit
• In vielen Fällen sind notarielle Beurkundung und/oder Eintragung ins Handelsregister (Registro Mercantil) erforderlich – etwa bei Satzungsänderungen.
• Die Satzung kann zusätzliche Anforderungen oder Einschränkungen vorsehen (z. B. qualifizierte Mehrheiten, Vorkaufsrechte bei Anteilsübertragung usw.).
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