Als beliebter Urlaubs- und Wohnort birgt Mallorca natürlich auch die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten. Sollte eine Klage notwendig werden, ist es wichtig, die Unterschiede im Prozessrecht im Vergleich zu Deutschland zu verstehen. In diesem Beitrag beleuchten wir die wesentlichen Aspekte des spanischen Prozessrechts und vergleichen diese mit dem deutschen Recht.
1. Verfahrensarten
In Spanien gibt es zwei Verfahrensarten: das gewöhnliche Zivilverfahren (juicio ordinario und das mündliche Verfahren, vgl. Art. 248 Abs. 1 spanische Zivilprozessordnung (Ley Enjuiciamiento Civil 1/2000 vom 07. Januar 2000 (im Folgenden: „LEC“). Im juicio ordinario werden neben besonderen Angelegenheiten auch Klagen mit einem Streitwert über 15.000 Euro verhandelt, während im juicio verbal Streitwerte bis 15.000 Euro und u.a. bestimmte in Spanien wertunabhängige Klagen, wie z.B. Herausgabeklagen (Räumungs- und Mietzinsklagen), Erbschaftssachen oder einstweilige Verfügungen zum vorläufigen Rechtsschutz verhandelt werden.
2. Ablauf des Verfahrens
Der Ablauf des gewöhnlichen Verfahrens entspricht dabei im Wesentlichen dem deutschen Zivilverfahren. Es beginnt mit der Einreichung der Klageschrift beim zuständigen Gericht, die anschließend dem Beklagten zugestellt wird. Zuständig ist grundsätzlich das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat, vgl. Art. 50 Abs. 1 LEC.
Probleme bei der Zustellung der Klage an den Beklagten können insbesondere dann auftreten, wenn der Beklagte an seinem Wohnsitz nicht erreichbar ist oder im Ausland lebt. In solchen Fällen kann die Zustellung länger dauern und zusätzliche Schritte erfordern, was den gesamten Prozess verzögern kann. Die Möglichkeit, weitere Schriftsätze einzureichen - wie z.B. im schriftlichen Vorverfahren in Deutschland - besteht nicht, so dass Klageschrift und Klageerwiderung oft sehr umfangreich sind.
Anschließend findet in aller Regel ein sog. Gütetermin statt. An diesem Termin nehmen ausschließlich die Rechtsanwält:innen ohne die Mandant:innen teil. Dieser Termin dient der Klärung offener prozessualer Fragen, wie z.B. der Verjährung, und soll eine Beweisaufnahme vermeiden, vgl. § 414 Abs. 1 ZPO.
Kommt jedoch keine Einigung zustande, so beraumt das Gericht im Anschluss an den Gütetermin eine mündliche Verhandlung an. In dieser mündlichen Verhandlung findet regelmäßig die Beweisaufnahme gemäß Art. 431 LEC statt. Die Verhandlung endet mit dem mündlichen Schlussvortrag der Parteien, der eine Zusammenfassung der Tatsachen und Beweismittel und eine vorgeschlagene Lösung enthält, Art. 432 LEC. Schließlich entscheidet das Gericht in der Sache durch Urteil.
3. Bevollmächtigung
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Form und Notwendigkeit der Bevollmächtigung. In Spanien ist eine notarielle Vollmacht erforderlich, um Rechtsanwält:innen zu bevollmächtigen. Dies unterscheidet sich von Deutschland, wo in der Regel eine schriftliche Vollmacht ausreicht. Die notarielle Form soll sicherstellen, dass die Interessen der Mandant:innen ausreichend rechtlich abgesichert sind.
In Spanien ist darüber hinaus die Beauftragung eines Procurador erforderlich. Der Procurador ist ein Prozessvertreter, der für die Einreichung von Dokumenten und die Kommunikation mit dem Gericht zuständig ist. In Deutschland können Rechtsanwält:innen mit Ausnahme der zivilrechtlichen Streitigkeiten am BGH alle notwendigen Schritte selbst übernehmen.
4. Kosten
Wesentliche Unterschiede bestehen bei den Kosten. Anders als im deutschen Recht sind die Gerichtskosten nicht von den Parteien zu tragen. Nach Art. 119 der spanischen Verfassung, wonach „die Rechtspflege unentgeltlich ist, wenn das Gesetz dies vorsieht und grundsätzlich im Falle von Personen, die nachweisen, dass sie nicht über die Mittel zur Prozessführung verfügen“ und dem Urteil Nr. 140/2016 des Verfassungsgerichts tragen nur juristische Personen die Gerichtskosten. Natürliche Personen müssen demnach keine Gerichtsgebühren zahlen.
In Deutschland sind die Anwaltsgebühren durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) als Regelfall und die freie Honorarvereinbarung als Ausnahme geregelt. In Spanien hingegen gibt es keine festen Anwaltsgebühren. Die Honorare der Rechtsanwält:innen sind frei wählbar und orientieren sich in der Regel an etwa 10% des Streitwertes. Darüber hinaus erhebt auch der Procurador Gebühren, die zu entrichten sind.
Die Art. 394 bis 398 LEC regeln, welche Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Grundsätzlich trägt die unterlegene Partei, deren Anträge vollständig abgewiesen wurden, die Kosten des Verfahrens, es sei denn, die Sache wirft erhebliche tatsächliche oder rechtliche Zweifel auf, die einer Klärung bedürfen, Art. 394 Abs. 1 LEC. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der gemeinsamen Kosten, wenn den Anträgen nur teilweise stattgegeben wird oder sie teilweise abgewiesen werden, Art. 394 Abs. 2 LEC.
5. Dauer
Eine verbindliche Angabe zur Verfahrensdauer ist nicht möglich. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein Verfahren vor einem Zivilgericht in erster Instanz mindestens ein Jahr, in der Regel aber deutlich länger dauert.
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