Working Capital bei Unternehmenskäufen und deren Auswirkung auf die Gesellschafteranteile
- Saskia Porta, LL.M.
- vor 2 Tagen
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Bei der Beurteilung der Liquidität eines Unternehmens ist das „Working Capital“, auch Nettoumlaufvermögen genannt, von großer Bedeutung und stellt einen zentralen Punkt bei der Bewertung und Abwicklung von Unternehmenstransaktionen dar. Neben seiner unmittelbaren Auswirkung auf die Kaufpreisbildung wirft das Working Capital auch gesellschaftsrechtliche Fragen auf, insbesondere bei der Einbringung in die Gesellschaft und der Beteiligungsverteilung unter den Gesellschaftern.
Bei dem „Working Capital“ handelt es sich um eine Bilanzkennzahl, die sich aus der Differenz des Umlaufvermögens und den kurzfristigen Verbindlichkeiten ergibt. Es beschreibt die kurzfristige Zahlungsfähigkeit und betriebliche Funktionsfähigkeit eines Unternehmens.
Das Umlaufvermögen ist ein Teil des Gesamtvermögens, welches als Ressource für den Umsatz bestimmt ist und daher nur kurzfristig im Unternehmen verbleibt. Das Umlaufvermögen wird für den Verbrauch, den Verkauf, die Verarbeitung oder für Rückzahlungen verwendet. Dazu werden alle kurzfristigen Vermögenswerte wie Bargelder, Vorräte, Wertpapiere und Forderungen gezählt, mit denen das Unternehmen seinen laufenden Betrieb aufrechterhält.
In der Bilanz sind Verbindlichkeiten eines Unternehmens die Summe der noch offenen finanziellen Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber den eigenen Lieferanten oder Gläubigern. Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten werden beispielsweise Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, erhaltene Anzahlungen, Verbindlichkeiten aus Kontokorrentkrediten oder auch Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr verstanden.
Für Geschäftspartner ist die Working Capital-Kennzahl eines Unternehmens von großer Bedeutung, da diese Rückschlüsse auf die Zahlungsfähigkeit ermöglicht. Im Rahmen eines Unternehmenskaufs wird das Working Capital regelmäßig zu einem wirtschaftlichen Parameter, der den Kaufpreis beeinflusst.
Ein positives Working Capital gibt einen Hinweis auf finanzielle Flexibilität und Stabilität eines Unternehmens. In diesem Fall ist von einem langfristig finanzierten Umlaufvermögen auszugehen, wodurch die Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten möglich ist.
Ein negatives Working Capital kann hingegen auf Zahlungsschwierigkeiten hindeuten. Dann ist davon auszugehen, dass das Umlaufvermögen niedriger ist als die Summe der kurzfristigen Verbindlichkeiten, wodurch das Umlaufvermögen nicht ausreicht, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu begleichen, sodass die Kosten nicht gedeckt werden können.
Die Working Capital Kennzahl wird üblicherweise in Prozent angegeben, die sogenannte „Working Capital Ratio“.
Berechnet wird diese mit der folgenden Formel:
Working Capital Ratio= Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100
Diese Kennzahl sollte dabei über 100 Prozent liegen, um eine positives Working Capital aufzuzeigen.
Eine Working Capital Ratio von mehr als 200 Prozent lässt jedoch darauf schließen, dass zu viel Kapital im Umlaufvermögen gebunden ist. Das ist ein Indiz dafür, dass das Unternehmen seine Mittel weder effizient einsetzt noch nutzt und Schwierigkeiten aufzeigt, Kapital in liquide Mittel umzuwandeln. In diesen Fällen ist von einer negativen Working Capital-Kennzahl auszugehen.
Bei einem klassischen Verkauf einer Gesellschaft stellt sich die Frage, wie das vorhandene Working Capital in die Transaktion eingebracht wird. Bei einem Share-Deal wird das gesamte Unternehmen übertragen, inklusive des Working Capital. Dabei wird es nicht als gesonderte Leistung eingebracht, sondern ist Bestandteil des zu übertragenden wirtschaftlichen Unternehmenswerts und wird in dem Zustand, in dem es am Tag der Übergabe vorhanden ist, mitverkauft. Bei einem Asset-Deal wird das Working Capital nur dann übertragen, wenn es ausdrücklich in der Liste der zu übertragenden Vermögensgegenständen enthalten ist. Daher ist es erforderlich, den Vertragsgegenstand hinsichtlich des Unternehmensumfangs klar zu definieren und vertragsrechtlich abzusichern.
Der Kaufpreis des Unternehmens kann mithilfe eines im Vertrag vereinbarten „Working Capital Adjustment“ im Hinblick auf das Working Capital entsprechend angepasst werden, wenn das am Stichtag tagesaktuelle Working Capital von dem zuvor zwischen den Parteien vereinbarten Zielwert abweicht. Damit soll sichergestellt werden, dass der Käufer ein wirtschaftlich funktionierendes Unternehmen erhält.
Das Working Capital wirkt sich bei klassischen Unternehmensverkäufen nicht auf die Gesellschafteranteile aus, da die bestehenden Beteiligungsverhältnisse innerhalb der Zielgesellschaft davon unberührt bleiben. Das Working Capital beeinflusst lediglich den Kaufpreis und lässt die Gesellschafterstruktur und jeweiligen Anteile der Gesellschaft davon unberührt.
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